Am Mittwoch füllt Krochowski seinen Kühlschrank auf. Im Supermarkt mit den breiten Gängen und den aufgestapelten Dosen und Schachteln stapelt er die üblichen Lebensmittel achtlos in seinen Wagen. Zuunterst eine Palette Bierdosen und ein Sack Kartoffeln, dann etwas Milch, ein Päckchen Kaffee, Leberkäse und Fertiglasagne und weil er in Verschwenderlaune ist, noch zwei große Plastikbecher mit Pudding. 

Zuhause schleppt er seine Tüten und Taschen ächzend in die Küche. Dann steht er vor der Jagdbeute, zerrt ungeduldig das Kühlgut heraus und stopft es in den Kühlschrank. Die Kartoffeln landen in der kleinen dunklen Speisekammer. Krochowski schaltet den Backofen an und reißt die Folie von der Aluminiumverpackung des Leberkäses. Eine Dose Bier stellt er in das Tiefkühlfach seines Kühlschranks, direkt neben die Flasche Aquavit, die sich an den dicken Eispanzer des Kühlfachs schmiegt. Dann setzt er sich auf die Treppenstufen vor seiner Küche und blinzelt in die Sonne. Im Vorgarten lehnt sich braungraues Gras an einen alten Rover. Krochowski hatte ihn vor Ewigkeiten geschenkt bekommen und eigentlich sanieren wollen. Aber dann fand er nach langem Suchen heraus, dass das Ding nur mit großen Kosten wiederzubeleben war, die Zylinderkopfdichtung war Schrott. Er hätte den Wagen längst entsorgen sollen, aber ach. 

Von drinnen wabert der Geruch nach gebackenem Fleischbrei in den Garten. Essenszeit. Krochowski geht in die Küche und wühlt in der Schublade nach Messer und Gabel. Er hebt das Gericht mit einem Küchenhandtuch aus dem Ofen, setzt sich an den Tisch und schneidet mit dem Messer Scheiben aus dem Fleisch. Dann gabelt er die Brocken direkt aus der Form. Heiß! Er steht auf und holt sich die Bierdose aus dem Eisfach. Zischend löst er den Verschluss und trinkt, sich verschluckend ein paar hastige Schlucke. Bier und Fleischkäsebrocken mischen sich in seinem Mund. Er schluckt und sieht aus dem Fenster. Auf der anderen Straßenseite beginnt der Kiefernwald. Struppige Heide und ein paar Blaubeerbüsche wachsen am Boden um einige Halden Bauschutt, die pflichtvergessene Mitbürger dort abgeladen haben. Ein dicker Brocken Mauerwerk ragt aus dem Unterholz, neben einem Ofenrohr haben sich Buschwindröschen ausgebreitet. 

Nach dem Essen überfällt Krochowski eine große Müdigkeit. In allen Gliedern spürt er die Schwere. Er gibt sich einen Ruck und wirft die Aluform in den Müll, die Bierdose nimmt er mit ins Wohnzimmer. Er stellt sie auf den Tisch mit den vielen glänzenden Ringen auf der Funierplatte und legt sich seufzend auf das alte grüne Sofa. Seine Schuhe lässt Krochowski an den Füßen. Damit das Sofa nicht schmutzig wird, lässt er seine Beine über die Lehne baumeln. Er schließt die Augen und fällt in einen unruhigen und doch traumlosen Schlaf. 

Ein Pochen weckt ihn und dann das Knallen der Küchentür. „Klaus! Darf ich reinkommen?“ Krochowski rappelt sich auf und reibt sich die verklebten Augen. Michael, sein Nachbar, hat die Antwort auf seine Frage nicht abgewartet und steht schon im Wohnzimmer. Die blaue Latzhose spannt über dem prallen Bauch, darüber strahlt ein weißes Shirt. Michaels Frau Uschi hat ihren Haushalt im Griff. Eine Wolke aus Waschmittelduft und Fröhlichkeit umweht den dicken, großen Mann. Um seine Füße schnurrt der kleine getigerte Kater, der Michael Wildner immer begleitet. Der Nachbar liebt es, am Nachmittag bei Krochowski einzukehren. Auf ein Wort und ein Bier. Krochowski brummt und stellt die Beine auf. Ein Fuß ist eingeschlafen, er bewegt im Schuh seine Zehen. Dann steht er vorsichtig auf und schlurft am Nachbarn vorbei in die Küche. „Bier?“ fragt er und holt, ohne eine Antwort abzuwarten, zwei Dosen aus dem Kühlschrank. Dann schlurft er weiter, den duftenden Michael im Schlepptau, raus in den Garten. Die Männer setzen sich auf die Treppe, halten ihr Bier in der Hand und lassen den Daumen unter die Ringe der Dosen gleiten. Zisch. Andächtiges Schweigen, dann trinken die Zwei. „Mal was von Katrin gehört?“ Michael Wildner blickt geradeaus in den Wald, als er fragt. „Seit Monaten nicht“, brummt Krochowski. Er trinkt einen Schluck und setzt nach: „Gut so.“ 

Der Kater sitzt wie eine Statue neben Krochowski auf der obersten Stufe der Küchentreppe und miaut gepresst. Die Spatzen im Gebüsch auf der anderen Straßenseite fesseln ihn. Dann plötzlich, als wäre ihm etwas eingefallen, entspannt er sich, klettert auf Krochowskis Schoß und rollt sich dort zu einem flauschigen Kringel zusammen. Über das bartstoppelige Gesicht Krochowskis legen sich tausend Fältchen, die am tiefsten um die Augen sind. „Du Schnurrheimer“, sagt Krochowski und legt eine Hand auf das Tier.


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