Krochowski sitzt neben Uschi auf der Treppe vor seiner Küchentür. Die Amseln werfen sich von den Dachfirsten ihre Melodien zu. Es ist so warm, dass die Menschen anfangen, in den Gärten zu werkeln und Uschi hat es nicht in ihrem Häuschen gehalten. Krochowskis Anzugjacke hängt über dem Treppengeländer, seine schwarzen Schuhe sind staubig. „Wie war Deine zweite Beerdigung?“, fragt Uschi und beide wissen, dass das eine schwere Frage ist, weil sie ohne es zu verbergen an die erste, die Beerdigung von Michael Wildner anspielt. Krochowski spielt das Spiel mit und sagt: „Es war eine ganz normale Beerdigung.“ Dann überlegt er kurz und sagt: „Da war ein Mädchen. Es kam mitten im Trauergottesdienst raus, um mit uns zu rauchen.“ Er denkt weiter nach und sagt dann: „Das war, als würde man Asche auf ein weißes Tischtuch streuen.“ Uschi schaut auf den Garten und nickt. „Du weißt vielleicht nicht, dass Trauernde Menschen seltsame Dinge tun.“
Doch, Krochowski weiß es. Sie tun Dinge, die sie sich selbst nicht erklären können.
Er steht auf und geht zu seinem alten Rover, unter dessen Scheibenwischer noch immer Mullers geheimnisvoller Brief steckt. „Was war das eigentlich neulich für ein Vogel“, fragt Uschi, die den seltsamen Tanz von Muller um die Autos von ihrem Küchenfenster aus verfolgt hat. „Ein Irrer“, murmelt Krochowski, während er den ausgefahrenen Zeigefinger unter den Klebefalz des Briefumschlages schiebt. Umständlich nestelt er das Papier aus dem Kuvert und dann liest er: „Werter Herr, ich biete Ihnen für den Aufkauf Ihres gesamten Fuhrparkes die Summe von 20.000 Euro. Bitte rufen Sie mich an.“ Als Krochowski den Briefumschlag schüttelt, fällt ein Kärtchen heraus. Hermann Muller, Handelswaren aller Art, Telefonnummer. Krochowski schaut Uschi an und Uschi schaut zurück. Er hebt das Papier vor seine Augen und dann fängt er an, zu lachen. Er lacht laut und krächzend in den Frühlingsabend, so dass die Amseln verstummen.