Siebenundzwanzig

Heute hat Krochowski es ohne Muller-Begegnung aus seinem Garten geschafft. Der emsige und gutgelaunte Autokäufer ist verschwunden. Den Briefumschlag unter dem Scheibenwischer hat Krochowski vergessen. Heute ist ein wichtiger Tag, denn heute soll er bei einer Beerdigung assistieren. der alte Mann, der kürzlich im Krankenhaus gestorben ist, soll einen kleinen Trauergottesdienst bekommen und dann wird er gebettet, wie der freundliche Janko mit weihevollem Gesichtsausdruck sagt. Die Verwandten waren schon da, haben einen Sarg ausgesucht und mit Herrn Steinhauer die Beerdigung geplant. Nun stehen in der Friedhofskapelle Frühlingsblumen und LED-Kerzen, die Spinnweben haben Janko und Krochowski gestern schon entfernt.

Sie laden den Sarg mit dem alten Mann, der eigentlich eher ein Männlein ist, wie Krochowski findet, in den Leichenwagen und fahren langsam und würdevoll vom Hof. Im Fond ist es ganz still und Krochowski fühlt sich bekommen. Er hat sich im Personalraum einen schwarzen Anzug an aus knisterndem Polyester angezogen. Nun lenkt er sich damit ab, eine Vase mit Narzissen zwischen den Knien zu balancieren. Sie soll auf einem Tischchen neben dem Kondolenbuch stehen, wenn die ersten Trauergäste kommen.

„Lernst gleich noch ein paar Kollegen kennen“, sagt Janko, während er routiniert den großen Wagen steuert, ohne Krochowski anzusehen. „Die Jungs sind in Ordnung, sie helfen beim Tragen“, erklärt Janko.

Und so stehen am Eingang zur Kapelle drei Männer, auch sie haben steife schwarze Anzüge an und rauchen noch eine hastige Zigarette, bevor sie sich an der Kofferraumtür versammeln, um den Sarg in die Kapelle auf einen Podest zu tragen.

Kalt ist es in der Kapelle, hier hat der Frühling noch keine Macht. Das helle Sonnenlicht bricht sich in den kleinen Fenstern unter der Decke. Seine Strahlen fallen schräg in das Halbdunkel und lassen Staubkörner glitzern und tanzen. Es riecht etwas muffig, nach Winter und nach Mäusedreck. Jedes Geräusch ist laut und irgendwie unpassend.

Schnell geht Janko mit Krochowski die Liste durch. Kondolenztischchen vor der Kapelle, Blumen am Sarg, eine Fotografie des Verstorbenen, auf der er gestreng auf die Sitzbänke schaut. Das Mikrofon für die Pastorin ist bereit, die LED-Kerzen leuchten. Als Krochowski den letzten Kerzenschalter eingeschaltet hat, erhebt er sich ächzend von seinen Knien und wendet sich zur Tür. Dort stehen zwei Frauen. Eine hat dunkelbraune, faltige Haut und helle, klare Augen. Die andere sieht noch sehr jung aus. Sie hat ihr Haar zu einem strengen Zopf geflochten, trägt schwarze Hosen, Wanderstiefel und einen viel zu großen Pullover. Das Mädchen schaut Krochowski direkt an, mit fragendem, bittendem Blick, wie ein Kind, das am Bahnsteig vergessen wurde.


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