Fünfundzwanzig

Es ist Dienstag. Einkaufs-Dienstag. Krochowski hat in der Küche seinen Kaffee hinuntergestürzt und schleicht eilig aus dem Haus, denn vorhin hat er im Garten schon wieder den dicken Mann gesehen, der seine Autos kaufen will, „alle!“. Herr Muller ist ihm unheimlich und er hat auch keine Veranlassung, seine schönen, alten Rover einem Verrückten in den Rachen zu werfen. Sie stehen gut, dort im Garten und er mag es, sich an die Fahrten zu erinnern, die er mit dem guten alten 45er unternommen hat. Ohnehin sind die Autos Schrott, was wird ein dicker Muller schon dafür zahlen? Im Garten knackt es, Krochowski fährt zusammen. Dann fasst er Einkaufsbeutel und Börse fester, eilt zu seinem Auto, steigt hastig ein, wirft die Tür mit Schwund zu und braust die Dorfstraße hinunter. Im Rückspiegel sieht er einen Mann im Staub stehen. „Tja, Muller“, feixt Krochowski, „musst früher aufstehen“.

Im Lidl findet Krochowski alle Lebensmittel an ihrem gewohnten Ort. Bier, Leberkäse, Lasagne und etwas Räucherfisch aus dem Wochenangebot finden den Weg in den Einkaufswagen. Dazu noch die ersten Erdbeeren. Unvernünfig, Treibhausware. Aber der irre Autonarr hat Krochowski durcheinandergebracht und so weicht er von seinen Prinzipien ab und kauft die teuren Früchte.

Durch die Einkäufe etwas beruhigt fährt er dann wieder aus der Stadt heraus, das Radio hat er laut gestellt und brummt die Melodien mit. Je näher er jedoch seinem Zuhause kommt, umso seltsamer fühlt er sich. Ob der seltsame Herr Muller auf ihn gewartet hat? Krochowski findet es eine Zumutung, dass einfach so fremde Menschen in sein Dorf kommen und ihn belästigen. Wie hat er überhaupt die Wagen entdeckt?

Tatsächlich lehnt Herr Muller an seinem protzigen Audi, als Krochowski auf sein Häuschen zurollt. Er starrt auf die Straße, steigt mit gesenktem Blick aus und öffnet den Kofferraum. Auf die Palette mit dem Bierdosen stapelt er seine Schätze. Das Toastbrot rutscht von dem Stapel, als Krochowski den Kofferraum schließen will. Fluchend bückt er sich und angelt ungeschickt nach der Packung. Dann klappt er die Hecktür seines Wagens zu und eilt zur Küchentür, um drinnen die Einkäufe auf den Küchentisch zu donnern. „Verflucht! Nervensäge!“ brummt er leise, und er ärgert sich, dass sein Herz so schnell pocht. Dann räumt er Bier und Lasagne in den Kühlschrank und wirft seinen Backofen an, denn Dienstag ist Leberkäs-Tag. Er öffnet sich eine Dose Bier und erstarrt, als er sich trinkend zur Gartentür umdreht. Da steht Herr Muller schon wieder im Garten. Er hat einen Briefumschlag in der Hand. Theatralisch hält er das Papier in die Höhe, geht mit ausgreifenden Schritten durch das ungemähte Gras und klemmt den Umschlag mit wichtiger Miene unter den Scheibenwischer des alten Rover P6. Dann schreitet Herr Muller davon, an der Gartentür hält er noch einmal inne, dreht sich um und winkt mit flatternder Hand Richtung Küchentür.

„Spinner“, murrt Krochowski und nimmt noch einen tiefen Schluck Bier. „Hau ab.“


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