Dreiundzwanzig

Am Morgen nach Michael Wildners Beerdigung erwacht Krochowski aus unruhigem Schlaf. Er hat von seinem Nachbarn geträumt, der im Nachthemd in einem von Krochowskis alten Autos gesessen und geschimpft hat, dass sein Hintern kalt wird. Krochowski setzt sich auf und reibt sich mit beiden Händen über das Gesicht. Dann schiebt er seine Füße in die Pantoffeln und macht sich auf den Weg in die Küche, Kaffee kochen. Heute ist Samstag, er hat frei und kann es langsam angehen lassen.

Die Kaffeemaschine brodelt, als Wildners Kater vor Krochowskis Tür maunzt. „Was schreist Du herum, komm rein, Kater“, sagt Krochowski und öffnet die Tür zum Garten. Wo er draußen ist, kann er gleich das Wochenblatt aus dem Briefkasten holen. Als er durch den Garten schlurft, fällt ihm im Augenwinkel eine Bewegung bei seinen alten Autos auf und er fährt zusammen: In einem der Wagen sitzt ein dicker Mann und schaut ihn an. Für einen Augenblick glaubt Krochowski, dass Michael Wildner aus seinem Grabe auferstanden ist, aber dann fängt er sich und erkennt, dass ein Fremder sich in sein Auto gesetzt hat. „Guten Tag“, sagt der Fremde und lächelt. Munter springt er aus dem Auto und läuft mit ausgestreckter Hand auf Krochowski zu. „Mein Name ist Muller. Wie Müller ohne Pünktchen.“ Er lacht und zeigt zurück auf den dunkelgrünen Rover. „Schönes Maschinchen. Steht sich kaputt, was?“ Für Krochowski sind das zu viele Worte vor dem ersten Kaffee, er möchte jetzt in sein Wochenblatt schauen und in Ruhe die Sonderangebote studieren. „Was wollen Sie?“, fragt er deswegen kurz angebunden und geht weiter in Richtung Briefkasten. Herr Muller trabt munter neben ihm her und ruft: „Ich will Ihnen Ihre Wagen abkaufen! Alle! Ich mache Ihnen ein Angebot, das sie nicht ausschlagen können!“ Dabei reibt Herr Muller sich die Hände, dann fuchtelt er vor Krochowskis Gesicht herum. „Was sagen Sie?“

„Gar nichts“, murrt Krochowski. „Raus aus meinen Garten.“ Dann zieht er das Wochenblatt aus dem Briefkasten, dreht sich um und geht zurück Richtung Küchentür. Herr Muller hüpft neben Krochowski her. „Aber mein Herr! Ich zahle gut! Ich bin Sammler!“ Er wedelt mit seiner Hand in der Luft herum und schaut sehr dramatisch drein. Doch Krochowski ist nicht in Verkaufslaune. Er sagt nur: „Nein, gehen Sie.“, und wirft Herrn Muller die Tür vor der Nase zu.

Der Kater hat es gerade noch hinein in die Küche geschafft und schaut etwas empört über die rüden Sitten, die Krochowski an den Tag legt. Der gießt sich einen Kaffee ein, setzt sich mit dem Rücken zum Küchenfenster an seinen Tisch und klappt das Wochenblatt auf. Bei Lidl gibt es diese Woche Fisch. Krochowski schlürft und nickt.


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